virtuelles Nemeton

Willkommen im virtuellen Nemeton!

Die Idee eines virtuellen Heiligtums habe ich von einigen anderen heidnischen (und auch anderen religiösen) Websites. Wenn Du gerade zu Hause (oder mit Deinem PC, Smartphone, Tablet …) irgendwo bist und offiziell ein Gebet, eine Andacht, eine Votivgabe loswerden willst und der Weg zum nächsten passenden heidnisch-keltischen Tempel zu lange, nicht vorhanden oder unmöglich ist, dann bist Du herzlich eingeladen, den Noreia-Tempel und/oder den Cernunnos-Tempel nach Deinen religiösen Wünschen und/oder spirituellen Bedürfnissen zu nutzen!

Man kann sich für eine von sechs virtuellen Opfergaben entscheiden:

– Blumen

– Individuelles (Gundestrupkessel)

– Münzen (keltische Regenbogenschüsselchen)

– Rauch (in einem antiken griechischen Dreifuß)

– Speise (Tonteller mit antiken Speisen)

– Trank (in einem großen Trinkhorn)

(Tier- und Menschenopfer sind rein virtuell zwar nicht verboten, aber real ist ersteres nur für wenige Neuheid/innen OK und letzteres bringt eine/n bloß lebenslang hinter Gitter und entspricht – trotz Religionsfreiheit – nicht mehr so ganz den Menschenrechten! 😉   )

Als leidenschaftliche Polytheistin hätte ich natürlich am liebsten ca. 500 virtuelle Nemeta angeboten – für jede bekannte antike kelt. Gottheit ein eigenes. Aber dafür fehlen definitiv meine Ressourcen (Geld, Zeit und wahrscheinlich auch der Speicherplatz). Ich habe mich also für zwei Heiligtümer entschieden, die

– in ihrem Aussehen archäologisch belegt sind,

– am besten zu meinen antiken keltischen Vorlieben passen,

– für die ich auch genügend Bildmaterial habe,

– und um die Geschlechtergerechtigkeit zu wahren – eines für eine Göttin und eines für einen Gott.

Nach längerem Überlegen, welche zwei Versionen eines keltischen Heiligtums ich anbieten soll, habe ich mich für einen gallorömischen Umgangstempel für Noreia und für ein picardisches La Tène-zeitliches Heiligtum für Cernunnos entschieden. Das „typisch keltische“ picardische Heiligtum war in der La Tène-Zeit weit verbreitet (wenn auch nicht im gesamten kelt. Raum). Und der gallorömische Umgangstempel war in der römischen Kaiserzeit DIE Tempelversion für die Provinz-Gottheiten (v.a. für keltische und germanische). Die picardische Version symbolisiert hier die La Tène-Zeit (also die „archäologisch belegte Keltenzeit“) und der Umgangstempel die keltorömische Zeit, aus der uns die meisten epigraphischen und historischen Quellen zur kelt. Religion aus vorchristlicher Zeit erhalten sind.

Neben diesen beiden Tempelformen gab es natürlich viele weitere, wie z.B. spezielle Orte in der Natur (Quellen, Haine, Hügel, Berggipfel, Höhlen, Flüsse, Moore …), Grabhügel, Gräberfelder, Viereckschanzen, runde Bauten und Siedlungen in Irland und auf den britischen Inseln, steinerne Bauten in Galatien und Iberien, tiefe Opferschächte etc.

Von vielen Neuheid/innen werden Megalithbauten (Stonehenge & Co.) den Kelten, v.a. den Druiden, zugeschrieben. Auch wenn sie in der Eisenzeit sicherlich noch (wofür auch immer) kultisch genutzt wurden und in inselkeltischen Mythen und deren Folklore eine große Bedeutung haben (die Bauten sind ja riesig und wurden deshalb wohl auch damals bewundert), würde ich sie eher nicht als „typisch keltische Kultstätten“ sehen, da sie lange vor den Kelten, meist im Neolithikum, erbaut wurden. Oder anders gesagt: Der ägyptische Luxortempel ist auch nicht typisch christlich oder islamisch, nur weil aufgrund der Faszination über diesen Bau nach der Christianisierung und Islamisierung dort eine kleine Kirche und dann eine Moschee eingerichtet wurde.

 

1. Nemeton der Göttin Noreia:

zum Noreia-Nemeton

Warum Noreia?

Für Noreia habe ich mich letztlich entschieden, weil ich zum einen das schöne Triptychon-artige Dreier-Statuen-Foto habe, das damit auch ein bisschen für Matronen-Liebhaber/innen und die vielen neuheidnischen Fans einer wie immer gearteten dreifachen Göttin interessant ist und zum anderen die Hauptgöttin des antiken Königreichs Noricum war und heute in neuheidnischen Kreisen Österreichs (zu denen auch ich gehöre) vermehrt eine beliebte Göttin ist. (Tiroler, Vorarlbergerinnen und nördlich der Donau lebende Boier-Fans mögen mir verzeihen, dass ich mich für Noricum und nicht für Brigantium, Rheitia oder die Boier entschieden habe. Aber ich bin solidarisch, denn ich lebe selbst nördlich der Donau, also außerhalb des damaligen Noricum.)

Das Bild des Noreia-Nemetons ist keine originale archäologische Rekonstruktion sondern eine Collage, da für Noreia leider noch kein gallorömischer Tempel neu gebaut wurde.

Die Außenansicht ist der rekonstruierte Herculestempel auf der Gurina im Gailtal:
http://gurina.dellach.at/

Die Wandmalerei in der Cella ist von der Rekonstruktion des Mars-Lenus-Tempels am Martberg:
http://www.martberg-pommern.de/

Und die drei Noreiastatuen konnte man in dieser Version bei der Ausstellung „Götterwelten – Tempel – Riten – Religionen in Noricum“ im Jahr 2007 im Landesmuseum Kärnten bestaunen.
http://www.landesmuseum.ktn.gv.at/210227_DE%2dLMK%2dMuseen.?aussenstelle=6

Die mittlere Statue ist das (leider etwas zerstörte) Original, das normalerweiser immer im Landesmuseum zu sehen ist. Die zwei farbigen Statuen links und rechts sind Repliken der Ausstellung gewesen, wie das Original möglicherweise ausgesehen haben könnte. Die Statue an sich wurde im Bäderbezirk von Virunum (Zollfeld) gefunden. Ob es sich tatsächlich um die Göttin Noreia handelt, ist nicht vollständig belegt, da es keine Inschrift bei der Statue gibt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr groß, da alle Indizien passen:

Noreia wird auf vielen Inschriften oft mit der ägypt. Isis gleichgesetzt. Isis wiederum wird nach der interpretatio Romana mit der Göttin Fortuna verglichen. Im römerzeitlichen Isis-Mysterienkult wird Isis in römischer Art oft Fortuna-ähnlich dargestellt, also mit Füllhorn, Rad und/oder Ruderblatt. Das Füllhorn ist bei der Statue noch vorhanden, und da sie statt einer römischen eine norische Tracht trägt, ist stark anzunehmen, dass es sich um Isis-Fortuna-Noreia handelt.

Die Opfergaben am Altar und die zwei Fackeln wurden als Collage zugefügt. So ähnlich wird es wohl in antiken Tempeln ausgesehen haben, wenn alle Gläubigen, die kamen, kleine Opfergaben (Votivgaben, Libationen, Speisen, Blumen …) mitbrachten.

 

2. Nemeton des Gottes Cernunnos:

zum Cernunnos-Nemeton

Im Gegensatz zur Suche nach einem Göttinnentempel war die Suche nach einem Gott-Tempel einfacher, weil die meisten heutigen Rekonstruktionen Göttertempel sind (leider). Da es in Österreich eine wunderbare picardische Rekonstruktion gibt, habe ich mich einfach dafür entschieden. Es handelt sich um ein mögliches Cernunnos-Heiligtum und ist im Urgeschichte-Museum in Asparn / Zaya zu bestaunen:

http://www.mamuz.at/de

Außer einigen künstlerischen Farbänderungen, damit es mystischer ausschaut, musste keine Collage angefertigt werden.

Die Rekonstruktion im Urgeschichtemuseum ist etwas kleiner als der Originalfund am Sandberg bei Roseldorf. Dort wurde ein riesiges La Tène-zeitliches Oppidum entdeckt, in welchem sich auch mehrere picardische Stadttempel befanden – das rekonstruierte Nemeton ist eines davon. Das Oppidum kann man leider nicht sehen (und es wurde auch nicht rekonstruiert) – es befindet sich vollkommen unter Wiesen, Weiden und Weinstöcken:

Der keltische Kultbezirk in Roseldorf

Die typisch La Tène-zeitlichen Picardie-Heiligtümer haben meist folgendes gemeinsam:

– Viereckiger Grundriss (in Britannien meist rund)

– Abgrenzung nach außen durch einen Holzpfahlzaun

– Um den Pfahlzaun oder/und innerhalb des Heiligtums neben dem Pfahlzaun sind Gräben, die mit geopferten Tierknochen (in seltenen Fällen auch mal Menschenknochen) gefüllt waren

– Im Heiligtum werden oft mehrere Pfostenlöcher gefunden. Dabei handelt es sich meist um ein oder mehrere Hütten (Cellae?) und Einzellöcher, wo wahrscheinlich Kultpfähle oder Pfahlgottheiten standen. Dazwischen gibt es mehrere Opfergruben, v.a. auch in oder vor den „Cella-Hütten“.

– In den seltensten Fällen wurde statt Holz und Lehm auch Stein als Baumaterial genutzt, wie z.B. in Roquepertuse

Das rekonstruierte Cernunnosnemeton beinhaltet all diese typischen Merkmale. Die Opfergrube befindet sich in der „Cella“ vor der hölzernen Statue. (Inwieweit Statuen vor der Romanisierung schon Usus waren, ist unklar, da nur sehr wenige gefunden wurden. Die meisten werden, wenn sie existierten, wohl aus Holz – wie diese Cernunnos-Rekonstruktion – gewesen sein.)

Der Grund übrigens, warum man glaubt, dass dieses ergrabene Heiligtum ein Cernunnostempel gewesen sein könnte, war der Fund eines Hirschgeweihs! Cernunnos ist übrigens der Lieblingsgott vieler keltophiler Neuheid/innen –  daran ist übrigens Wicca schuld! 😉 Die heutige Karriere dieses epigraphisch äußerst selten vorkommenden Gottes hat er Gerald Gardner zu verdanken.  😉

In diesem Sinne:

Viel Freude in den virtuellen Nemeta, und

mögen Euch die Gottheiten wohlgesonnen sein!